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Die Rückabwicklung von Realkreditverträgen nach Widerruf gemäß dem Haustürwiderrufgesetz a. F. – Hoffnung durch den XI. Zivilsenat?

(zugleich Besprechung der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 20.04.2004 – XI ZR 171/03)

Kaum ein Thema beschäftigt die Gerichte, Anwälte, Banken und Anleger zur Zeit so, wie die derzeitige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Rückabwicklung von Realkreditverträgen, die unter Berufung auf das Haustürwiderrufgesetz a. F. (im Folgenden: HaustürWG) widerrufen worden sind. Man kann die Entscheidungen, Anmerkungen, Aufsätze und sonstigen Ausführungen gar nicht mehr zählen, geschweige denn lesen. Auch das Verstehen bereitet selbst eingefleischten Juristen mittlerweile Probleme.

Durch eine Vorschrift des HaustürWG (§ 5 II) hatte der Gesetzgeber Verbraucherkreditverträge aus dem Anwendungsbereich des HaustürWG herausgenommen. Wenn also ein Verbraucherkredit gleichzeitig ein Haustürgeschäft darstellte, sollte ausschließlich das Verbraucherkreditgesetz a. F. (im Folgenden: VerbrKredG) gelten. Ein eventueller Widerruf war also nur nach dem VerbrKredG, nicht aber nach dem HaustürWG möglich. In seiner Heininger-Entscheidung (Urteil vom 13.12.2001, Rs C-481/99; BGH, NJW 2002, 281) hat der Europäische Gerichtshof aber klargestellt, dass eine solche Ausklammerung nicht mit dem Gemeinschaftsrecht zu vereinbaren ist. Wenn also ein Kreditvertrag an der Haustüre abgeschlossen wird, dann muss er auch als Haustürgeschäft behandelt werden und unterliegt auch dem dortigen Widerrufsrecht. Dieser Vorgabe musste sich der BGH beugen und hat durch Urteil vom 09.04.2002 (BGH, Urteil vom 9. April 2002  - XI ZR 91/99; BGH, NJW 2002, 1881) entschieden, dass auch Verbraucherdarlehen nach dem HaustürWG widerrufen werden können. Dies gilt uneingeschränkt für nahezu jedes Verbraucherdarlehen, egal, ob es grundpfandrechtlich gesichert ist oder nicht. Die eigentlichen Probleme beginnen erst jetzt.

 

Ausgangspunkt ist das sog. „verbundene Geschäft“ bzw. die „wirtschaftliche Einheit“ des Kreditvertrages mit einem anderen Vertrag. Meist werden Kredite nicht einfach aus „Jux und Dollerei“ aufgenommen. In der Regel finanziert der Darlehensnehmer mit dem geliehenen Geld den Kauf eines bestimmten Gutes. Dies kann in den hier interessierenden Fällen ein Hausgrundstück, eine Wohnung oder die Beteiligung an einem Fonds sein. Wenn nun das finanzierte Geschäft und der Darlehensvertrag in bestimmter Weise miteinander verknüpft sind, liegt ein „verbundenes Geschäft“ bzw. eine „wirtschaftliche Einheit“ vor. Die Voraussetzungen sind in § 9 VerbrKredG geregelt. Wenn nun ein „verbundenes Geschäft“ vorliegt und das Darlehen auch nach dem HaustürWG wirksam widerrufen wurde, dann sind die Rechtsfolgen für den Darlehensnehmer recht günstig. Er bekommt nämlich seine Zins- und Tilgungsleistungen zurück, muss der Bank im Gegenzug aber nicht die Darlehensvaluta zurückzahlen, sondern kann dieser das mit dem „verbundenen Geschäft“ erworbene Gut übertragen. Jetzt könnte man sich fragen, wo liegt das Problem?

 

Das Problem liegt in § 3 II Nr. 2 VerbrKredG. Dort steht nämlich – vereinfacht wiedergegeben – , dass § 9 VerbrKredG auf grundpfandrechtlich gesicherte Kredite (sog. Realkredite) nicht anwendbar ist. Wer also ein Hausgrundstück oder eine Wohnung gekauft, und das Darlehen durch eine Grundschuld oder Hypothek abgesichert hat, der kommt nicht in den Genuss des § 9 VerbrKredG. Bei einem Widerruf nach dem HaustürWG (dieser ist nicht ausgeschlossen!!!) kann der Darlehensnehmer der Bank also nicht das erworbene Gut anbieten. Rechtsfolge eines Widerrufs wäre vielmehr, dass der Darlehensnehmer die Darlehensvaluta sofort in voller Höhe an die Bank zurückzahlen muss. So jedenfalls der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes. Natürlich sind die Zins- und Tilgungsleistungen zu Gunsten des Darlehensnehmers abzuziehen (denn diese bekommt er ja ebenfalls zurück). Doch ist die Differenz in der Regel so groß, dass dem Darlehnsnehmer meist nur geraten werden, das Widerrufsrecht nicht auszuüben.

 

Verständlicherweise hagelte es von Seiten der Verbraucherschützer und den Anwälten, die Darlehensnehmer vertreten, Kritik. Denn was soll der Darlehensnehmer mit einem dem Verbraucherschutz dienenden Widerrufsrecht, wenn ihn die Rechtsfolgen eines solchen Widerrufs härter treffen würden als ein Festhalten am Vertrag? Ob sich die Situation der Darlehensnehmer verbessert, kann u. a. auch von einer weiteren Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (Rs. C-229/04) abhängen, die für Herbst oder Winter diesen Jahres zu erwarten ist. Dann wird sich der Gerichtshof nämlich mit der obigen Kritik auseinandersetzen müssen.

 

Mancher wird sich jetzt fragen, was das alles mit der im Titel genannten Entscheidung des XI. Zivilsenates vom 20.04.2004 zu tun hat? Wieso sollte diese Entscheidung weiterhelfen, wo es doch der XI. Zivilsenat ist, der die für die Anleger so negativen Urteile gefällt hat? Die möglicherweise für viele Darlehensnehmer rettende Antwort lautet: unwirksame Zahlungsanweisung.

 

Viele Darlehen, auch grundpfandrechtlich gesicherte, werden von der Bank überhaupt nicht an den Darlehensnehmer ausgezahlt. Oft erteilt der Darlehensnehmer zur Vereinfachung der Zahlungsabwicklung seiner Bank eine „Auszahlungsanweisung“. Diese zahlt den Darlehensbetrag dann direkt an den Verkäufer des Grundstücks, einen Treuhänder oder sonstigen Dritte. Eben den, den der Darlehensnehmer benennt. Nun kann es vorkommen, dass eine solche Zahlungsanweisung aus verschiedenen Gründen unwirksam ist. Ist dies der Fall, so erfolgt die Rückabwicklung eines gleichzeitig nichtigen oder unwirksamen Darlehensvertrages nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 14.05. 2002 – XI ZR 148/01; Urteil vom 03.02.2004 – XI ZR 125/03; Urteil vom 30.03.2004 – XI ZR 145/03) nicht ausschließlich zwischen Darlehensnehmer und Bank. Zwar kann der Darlehensnehmer die Zins- und Tilgungsleistungen von der Bank zurückverlangen. Doch muss sich die Bank ihrerseits an den Dritten halten. Sie kann das von ihr ausgezahlte Geld nicht beim Darlehensnehmer holen. Das liegt letztlich daran, dass der Darlehensnehmer selbst überhaupt kein Geld von der Bank bekommen hat. Weil die Zahlungsanweisung unwirksam ist, muss er sich auch nicht so behandeln lassen, als hätte er das Geld erhalten. Der Bundesgerichtshof führt hierzu in ständiger Rechtsprechung (s. o.) aus:

 

„Die Darlehenssumme ist aufgrund der – unwirksamen – Anweisung (...) nicht an den Kläger, sondern letztlich an andere Beteiligte ausgezahlt worden. Nur diese Zuwendungsempfänger kann die Beklagte auf Rückerstattung der Darlehensvaluta in Anspruch nehmen“

 

In der in Rede stehenden Entscheidung vom 20.04.2004 hat der XI. Zivilsenat dies nochmals bestätigt und zudem wie folgt ausgeführt:

 

„Weder war es zwischen den Vertragsparteien beabsichtigt, noch war es dem Kläger rechtlich möglich [Hervorhebung durch den Verfasser], die Beklagte aufgrund des hier nichtigen Darlehensvertrages zu irgendwelchen Zahlungen an die Verkäuferin anzuweisen.“

 

Mithin ist bei einem nichtigen oder unwirksamen Darlehensvertrag schlechthin nicht möglich eine wirksame Zahlungsanweisung zu erteilen. Dies ist auch korrekt. Denn wie soll ein Darlehensnehmer seiner Bank sagen können, wohin sie Geld zahlen soll, auf das er wegen des nichtigen Darlehensvertrages gar keinen Anspruch hat. Deswegen spielt es auch keine Rolle, warum der Darlehensvertrag unwirksam oder nichtig ist. Wenn er es ist, kann nicht wirksam angewiesen werden.

 

Und nun kommt wieder das HaustürWG ins Spiel. Denn hierzu muss man in rechtlicher Hinsicht Folgendes wissen: Nach der hier maßgeblichen Fassung des HaustürWG ist eine im Rahmen einer Haustürsituation abgegebene Willenserklärung zunächst unwirksam (!!!). Sie wird erst wirksam, wenn innerhalb einer Wochenfrist kein Widerruf erfolgt. Des weiteren läuft die Widerrufsfrist nur dann, wenn eine ordnungsgemäße Belehrung erteilt wurde. Ist die Belehrung daher falsch – was bei den meisten Darlehensverträgen der Fall sein dürfte – , dann kann der Darlehensvertrag niemals wirksam werden. Prinzipiell bedarf es gar keines Widerrufs mehr. Denn der Widerruf macht nach der Gesetzessystematik ja nur Sinn, wenn die Frist läuft. Denn dann verhindert er das Wirksamwerden des Vertrages mit Fristablauf.

 

Wenn nun aber der Darlehensvertrag wegen der oben dargestellten Rechtslage nach dem HaustürWG von Beginn an nichtig bzw. unwirksam ist, dann kann auch keine wirksame Zahlungsanweisung erteilt werden. Mithin wäre der Darlehensnehmer in diesem Falle nicht zur Rückzahlung der Darlehensvaluta verpflichtet, könnte von der Bank seinerseits aber Rückzahlung der Zins- und Tilgungsleistungen verlangen. Die Bank müsste sich an den Dritten halten.

 

Wer also ein grundpfandrechtlich gesichertes Darlehen im Rahmen einer Haustürsituation abgeschlossen hat, sollte nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern prüfen, ob die Bank das Geld seinerzeit direkt an einen Dritten ausgezahlt hat oder nicht. Möglicherweise ist ihm dadurch mehr geholfen als durch die noch ausstehende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes.

 

 

 

Mathias Corzelius

Rechtsanwalt – Kanzlei Göddecke, Siegburg
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